Würden wir Irland im Winter empfehlen?
Das ist eine Frage, die sich nicht so einfach beantworten lässt. Wir sind nun seit über zwei Monaten in Irland, in der kältesten und dunkelsten Jahreszeit und sind jeden Tag aufs Neue fasziniert von Irland. Aber einfach war es nicht immer.
Wir haben gestern lange darüber geredet, ob wir es wieder so machen würden oder ob wir lieber zu einer anderen Jahreszeit hierher fahren würden. Oder ob wir unseren Van technisch anders ausstatten müssten, damit es hier im Winter leichter ist. Wir wussten vorher bereits, dass der allergrößte Teil der Campingplätze im Winter geschlossen sein würde. Dass es allerdings in manchen Gegenden so mau ist mit Versorgungsmöglichkeiten, dass hatten wir so nicht auf dem Schirm.
Wir haben auf einer der besten Versorgungsstellen in ganz Irland, der Marina von Kilrush, ein deutsches Ehepaar getroffen, die genau wie wir auch einmal Irland an Weihnachten besuchen wollten. Allerdings hatte deren Camper eine Chemietoilette, was bedeutet, dass sie maximal 2 Tage ohne eine entsprechende Entsorgungsmöglichkeit auskommen. Und Stellen an denen Schwarzwasser (also Chemietoiletten) zu entsorgen sind, gibt es im Winter hier wirklich sehr wenige. Und so haben die beiden Sternfahrten von der Marina aus zu den Touristenzielen unternommen. Das ist schon wirklich eine ganz andere Herausforderung und so würden wir Irland im Winter auch nicht empfehlen.
Wir sind ungefähr eine Woche autark bevor wir wieder ver- und entsorgen müssen, das bietet schon einen etwas größeren Spielraum für Unternehmungen. Trotzdem mussten auch wir einige nette Ecken von Irland auslassen, weil wir dringend Strom oder Frischwasser brauchten.
Warum wir denn ausgerechnet im Winter nach Irland wollten, das haben wir ja bereits erzählt. Einfach weil wir das raue und wilde Klima lieben. Und dafür jeden Morgen alleine an einem anderen Strand aufzuwachen, dafür nehmen wir sehr gern ein paar Versorgungslücken in Kauf. Es ist wirklich eine einzigartige Reise, so viel wild gecampt haben wir noch nirgendwo. Es gibt keine anderen Touristen und wir teilen diese einzigartige Landschaft nur mit den Einheimischen, was es wirklich ganz besonders macht.
Die Iren bereichern unseren Alltag hier wirklich täglich, egal ob wir – wie letzte Woche – vehement überredet werden, doch im Gemeindezentrum am Seniorenkränzchen auf einen Tee vorbeizukommen oder im winzigen Dorf-Pub mit offenen Armen empfangen und neugierig ausgefragt werden. Es gibt kaum einen Tag an dem wir nicht mit irgendjemanden ein nettes Schwätzchen bei einer zufälligen Begegnung halten. Wenn wir nach Informationen fragen, bekommen wir nicht nur eine kurze Info sondern werden direkt an die Hand genommen. Wir erhalten ausführlichste Berichte wie wir was machen sollen und noch gleich die nächsten 10 Touri-Highlights mit aufgeführt und was wir sonst noch nicht verpassen dürfen. Natürlich sind die Iren auch zu anderer Jahreszeit so nett, aber ich glaube schon, dass die Freude über unser Interesse an ihrem Land zu dieser Zeit schon etwas besonderes ist und das lassen sie einen schon spüren.
So wurde uns zum Beispiel die Panorama-Straße bei Knockfola empfohlen, die uns ohne Empfehlung wahrscheinlich gar nicht aufgefallen wäre. Bestimmt wären wir auch nach der Hälfte umgedreht, weil die Straße so winzig und steil wurde. Da die Dame von der Gemeinde in Maghery uns aber so ermutigte, diese Straße zu fahren, hab ich kurz 1 oder 2 mal die Augen geschlossen – Gunnar ist da eh aus anderem Holz geschnitzt – und siehe da hinter dem steilsten Anstieg gab es mehrere wunderbar einsame Aussichtsparkplätze die jede Mühe wert waren. Ein einmaliger Panoramablick über unzählige Inseln, Strände und Buchten erwartete uns, blaues Meer und kein Wölkchen am Himmel, sucht mal bei den Bildern danach.
Auch Weihnachten in Irland war eine wunderschöne Erfahrung, die vielen Lichter der geschmückten Häuser und Gärten. Die Familien gehen in großer Runde gemeinsam spazieren. In den sonst so trubeligen Orten kehrt eine Ruhe ein, die es sonst so wahrscheinlich nicht zu anderer Zeit gibt. Das alles hat uns sehr fasziniert und diese Zeit hier hätten wir nicht missen wollen.
Die Tage um Neujahr haben wir an dem einsamsten Strand verbracht, den wir finden konnten – dem Silver Beach in Mayo. Hochgelobt für seine Ruhe und Schönheit in jedem Reiseführer, waren wir hier für uns an dem perfekten Ort gelandet: keine Böller, keine Boy-Racers, keine Feierwütigen, dafür Schafe jeden Morgen direkt ums Wohnmobil. Tagsüber war der Parkplatz voller einheimischer Strandbesucher und Abends waren wir immer alleine zwischen Berg und Meer.
Im Moment wird es hier gegen 17 Uhr dunkel und ab 8.30 Uhr morgens wieder hell, das ist also nicht so viel anders als zu Hause. Bis auf zwei wirkliche Kälteperioden in denen die Temperaturen auch kurz mal unter Null gefallen sind, ist es hier erheblich wärmer und wir haben meist so zwischen 5 und 12 Grad. Seit mindestens einer Woche haben wir keinen Regen mehr und die Sonne kommt fast täglich heraus, das ist egal für welche Jahreszeit einfach sehr ungewöhnlich in Irland.
Was wir bei schlechtem Wetter sehr empfehlen können, es gibt hier wirklich an den einsamsten Stränden oder an eisigen Flüssen ganzjährig mobile Saunen, die man online jederzeit buchen kann. Wer also gern sauniert, kann sich hier wieder richtig aufwärmen und ggf. gleich ein Eisbad dazwischen schieben.
Gerade haben wir den 6. Sturm hinter uns, nicht alle waren so schlimm wie die im November und Dezember, aber eine schlaflose Nacht erwartet einen dann eigentlich immer. Überhaupt ist der Wind für uns der lästigste Begleiter beim Campen. Gegen alle anderen Kräfte der Natur kann man sich ganz gut im Camper schützen oder seine Gewohnheiten einfach anpassen. Aber bei starkem Wind hat man keine Chance, man sucht sich zwar ein Plätzchen im Windschatten eines Berges aber auch dort heißt es einfach abwarten und schaukeln und wach liegen. Und natürlich ist der Endgegner Wind am „Wild Atlantic Way“ häufiger zu finden als anderswo, das war uns auch vorher klar. Aber auch wenn wir in jedem Sturm fluchen wie die Rohrspatzen, danach ist meist eine Sonnenperiode angesagt und wir vergessen sofort wieder alle Vorkommnisse der letzten Nacht.
Neben all diesen Beschwerlichkeiten gibt es die vielen kleinen wundervollen Erlebnisse, die wir gar nicht alle hier erwähnen können. Wie zum Beispiel der schon lange ersehnte Restaurant-Besuch, den wir irgendwie mit all den Weihnachts- und Neujahrsfeierlichkeiten irgendwie nicht in unsere Planung integrieren konnten. Bei einem Hotel mit Pub und Stellplatz davor konnten wir uns dies jedoch nicht nehmen lassen und wir haben es uns richtig gut gehen lassen. Es gab eine für Irland typische Seafood-Chowder (eine reichhaltige Fischsuppe), Roastbeef (auch Sirloin Steak genannt) und Lammkoteletts, das Essen war eine absolute Wucht und das erste frisch gezapfte Guiness gabs nun auch endlich dazu! Noch ein lokaler Whiskey als Abschluss und die Glückseeligkeit war vollkommen. Yummy!
Also kommen wir mal auf den Punkt, würden wir Irland im Winter weiter empfehlen?
Nicht jedem. Aber einem relativ autarken Camper, der vom Typ her kein Sonnenanbeter ist, dem würden wir es auf jedem Fall empfehlen. Und eine eigene Dusche im Wohnmobil sollte man besitzen. Wir sind auf der ganzen Reise erst 4-5 Mal in den Genuss einer öffentlichen Dusche gekommen, das ist dann doch etwas wenig in 2 Monaten, wenn man nicht auch im eigenen Camper duschen kann. Getreu nach dem Motto: „Camping ist der Zustand, in dem der Mensch seine eigene Verwahrlosung als Erholung empfindet.“
Glücklicherweise haben wir eine Dusche. Wir haben ja auch ab und an Video-Calls mit Kunden, da ist ein bisschen Körperpflege schon von Vorteil.
Wir würden es genauso wieder machen, wir lieben die Zeit hier und sind froh Weihnachten hier erlebt zu haben. Ja, etwas mehr Tageslicht wäre toll, aber das wäre zu Hause auch nicht anders gewesen. Jeder Ire den wir treffen, klagt über das furchtbare Wetter. Wir finden es nicht schlimm und hätten wirklich mit mehr grauen und regnerischen Tagen im irischen Winter gerechnet.
In 1-2 Wochen werden wir vermutlich nach Wales übersetzen und dort bzw. in Südengland dann 2 Monate bleiben. Unsere bisherigen Recherchen haben ergeben, dass es dort im Winter mehr offene Stellplätze gibt als hier. Es gab schon den ein oder anderen Moment, an dem uns die Suche nach Versorgungspunkten hier genervt hat oder unseren Alltag sehr durcheinander gebracht hat und die Aussicht auf eine diesbezügliche Erleichterung freut uns sehr.
Welche andere Schwierigkeiten sich dort dann ergeben, werden wir sehen und diese wieder gemeinsam meistern. Wir sind uns sicher, es wird wieder einiges zu berichten geben – hoffentlich hauptsächlich positives.
-
Küstenstreifen im Burren Nationalpark -
doppelter Regenbogen am Neujahrsmorgen -
Silver Beach Mayo -
Unsere Idylle am Silvestermorgen -
Der wunderschöne Silver Beach -
Drohnenaufnahme am Silver Beach -
Silver Beach Mayo -
Kurz nach Sonnenaufgang -
Neuschnee am Carronisky Beach -
Am Carronisky Strand -
Dog Beach -
Benbulben -
Benbulben Forest Walk -
Benbulben -
Benbulben Forest Walk -
Benbulben -
Der Strand von Inver -
Am Atlantic Drive von Mulranny -
Am Atlantic Drive von Mulranny -
Kuh-Parade -
Nevins Pub -
Yummy! -
Im Doolough Valley -
Keel Beach auf Achill Island -
Eine der vielen mobilen Saunen -
Ruinen der Saint Naul's Monastery -
Der Strand von Inver -
Typisch irische Küste -
Ein anderer schöner Silver Beach -
Einsamer Dooey Beach -
Knockfola Panorama Straße -
Toller Stellplatz am Ballyhiernan Strand -
Ballyhiernan Strand -
Ballyhiernan Strand
360° Panorama: Silver Strand in County Mayo am Morgen des 2.1.2025
Anleitung 360° Panorama-Ansicht:
Vollbild aktivieren über die "vier Ecken" oben links für eine optimale Darstellung.
Vollbild deaktivieren über dieselbe Schaltfläche oder "Esc"-Taste.
Hinein- oder herauszoomen über das Mausrad (sofern vorhanden) oder die "+" oder "-" Schaltflächen bzw. Finger-Gesten.
Einen Kommentar schreiben
Kommentare
Kommentar von Wolfgang & Hildegard Kraus |
Guten Morgen und Prost Neujahr in den hohen
Norden!
Schön, wieder von Euch zu hören (sorry, sehen)!
Ja, alles zu seiner Zeit!
Schön dass Ihr uns regelmäßig an Eurer Reise teilhaben lasst. Der Text mit den dazugehörenden Bildern ist immer wie Urlaub für uns.
Wobei ich persönlich die wärmere Jahreszeit bevorzugen würde.
Aber wie beschrieben - jeder muß für sich die Vor- und Nachteile jeder Jahreszeit abwägen.
Ihr arbeitet ja noch (nebenbei!). Das ist dann noch eine ganz andere Hausnummer. Habt Ihr da auch überall die Möglichkeit der "Verbindung"?
Oder arbeitet Ihr im Bus und das Ergebnis wird in einem Ort oder Stadt auf die Reise geschickt?
Auf jedenfall freuen wir uns schon auf den nächsten Reisebericht!
Mit freundlichen Grüßen
Hildegard & Wolfgang
Antwort von Iris und Gunnar
Hallo ihr beide, ihr seid wirklich unter unseren treusten Lesern! Danke für euren Kommentar!
Damit dass mit der Arbeit klappt haben wir einen Router und eine Antenne auf dem Dach, anders ginge es nicht. Aber so klappt das super!
Wir drücken euch aus Letterkenny in Donegal
Iris und Gunnar
Kommentar von Conni |
Hallo, Ihr Lieben, die Fotos wecken die sofortige Reiselust und der Bericht lässt einen dann vernünftig denken. Nicht für jeden, aber dann wäre es mit eurer Idylle auch vorbei. Danke für die schönen Impressionen. Liebe Grüße aus Oranienburg
Antwort von Iris und Gunnar
Jahaha, danke für den Kommentar! Mit Euch nebendran wäre die Idylle aber auch nicht wirklich weniger idyllisch. ;)
Wo wir gerade jetzt stehen verraten wir natürlich nicht, allerdings verraten wir trotzdem etwas.
Schaut mal ganz am Ende auf der Seite unter die Fotos, da sollte jetzt, nach gewisser Geduld, ein selbst steuerbares 360° Panorama erscheinen.
Über die "vier Ecken" oben links kann man sogar das Pano in Vollbild anschauen sofern man das möchte, dann ist man wirklich "fast" mittendrin.
Gefällt es es oder kann das wieder weg? Was meint Ihr?
Wer damit gar nichts anfangen kann, es gibt Schafe auf dem Panorama, wieviele sind es genau?
Das sind diese fiesen weißen Punkte.
Bonus-Frage: Wo befindet sich der Drohnenpilot?
Kommentar von Regina Schiemann |
Hallo ihr Lieben, es ist immer wieder schön Euren Blog zu lesen die Fotos dazu faszinierend , es fühlt sich so an als ob man da mit euch mitreist.Ich bin ja nicht so der Camper Typ doch sehr ansprechnend , mit dem rauhen Wetter könnte ich mich auch anfreunden. Die Fotos strahlen soviel Ruhe aus, finde ich ganz toll. Ich wünsche Euch noch schöne Zeit genießt Sie.
Liebe Grüße aus dem wechselhaften Germany
Regina
Antwort von Iris und Gunnar
Hallo Regina,
danke für deinen Kommentar, freut uns, wenn du immer wieder gerne unseren Blog verfolgst!
LG
Iris und Gunnar