Welcome to Scotland

Wir sind endlich angekommen in Schottland. Der Hinweg hat uns über Brandenburg – Familienfeier rockt! – den Niederlanden, Belgien, Frankreich, jetzt bis nach England geführt. Und dann waren wir erst einmal ratlos. Wohin treibt es uns jetzt genau? Wir hatten das ja absichtlich offen gelassen. Verwöhnt durch das komfortable Vanlife in Frankreich, waren wir in England erst einmal völlig vor den Kopf gestoßen ...

Wie geht das hier nun alles? Wie funktioniert das neben dem Linksverkehr auch noch genau mit dem Internet, dem Gasflaschenkauf und Anschluss sowie der Stellplatzsuche? Wir sind ja nun keine völligen Anfänger mehr, aber es ist doch in einem neuen Land immer wieder alles etwas anders.

Um es uns zu Beginn nicht allzu schwierig zu machen, haben wir erst einmal einen Pub angesteuert. Das stellte sich als Spitzenplan heraus. Wir waren auch bestens darauf vorbereitet und hatten uns im Vorfeld "BritStops" (Link) organisiert, das ist so etwas wie Landvergnügen oder Staybetter in Deutschland – so durften wir ganz offiziell auch mit dem Van vor dem Pub stehen. Zur Belohnung dafür und auf die ersten gemeisterten 5 Meilen Linksverkehr gab's dann erst einmal Fish & Chips und ein paar leckere Ales. Yummy. So passt das, aber so geht das ja nun leider nicht jeden Tag in den nächsten 3 Monaten.

Für den nächsten Tag – wer feiern kann, kann bekanntlich auch arbeiten – war dann die gleichzeitige Organisation von Internet und Gasflasche vorgesehen. Das haben wir uns dann wirklich einfacher vorgestellt. In insgesamt 7 verschiedenen Geschäften waren wir, bevor wir eine englische Gasflasche mit passendem Schlauch zu unserem Gasanschluss hatten. Zu allen Lädchen könnte man eine eigene Story schreiben, es waren alles alteingesessene englische "Tante Emma"-Läden für spezielle Kundschaft und entsprechend spezielle Ansprüche. Fündig wurden wir dann hier, bei einem älteren Herrn in Hawkinge unweit von Dover. Hier, bei Milestone Leisure, wurden wir bestimmt von gesammelten 60 Jahren Fachwissen betreut. Bei Gas-Dingen lässt man am besten auch nur einen Fachmann ran. Ein kurzer Blick des Chefs in unseren Gaskasten genügte, um auch Gunnar mit der gelieferten Lösung zufrieden zu stellen. Einfach und sicher – ohne zu viele Adapter (ohne einen einzigen). Vielleicht schreiben wir dazu auch noch einen kurzen technischen Beitrag, denn das, was wir bereits bei Youtube und Co. mitbekommen hatten, stellte uns nicht zufrieden.

Internet zu besorgen, war hingegen auf den ersten Blick nicht so schwierig. Wir besorgten uns eben einfach mal in Dover im EE-Shop eine Pay-As-You-Go-Simkarte und ab damit in den freien Sim-Slot im Router. Die ersten Tage hat es gut funktioniert und dann war irgendwie der Wurm drin. Gut, dass wir ja immer einen IT-Fachmann dabei haben, der mal eben alle Software vom Router-Set-Anbieter geworfen hat und was Ordentliches installiert hat (gut, dass ein profanes Netzwerkkabel mit an Bord war). WOW und nun flutscht es nur so. Der Telekommunikationsanbieter EE wurde uns empfohlen, weil es auch in den abgelegeneren Gebieten der Highlands wohl noch ganz zuverlässig funktionieren sollte – EE könnte man bei uns am besten mit D1 vergleichen. Bisher läuft alles top.

Die Stellplatzsuche gestaltete sich in Südostengland (Kent) auch nicht unbedingt so einfach wie in Frankreich, wo es ja nun wirklich unglaublich viele tolle Stellplätze gibt. Wir haben in unserer Zeit in England die Erfahrung gemacht, dass es entweder voll ausgestattete Campingplätze gibt oder eine Parkbucht am Straßenrand und dazwischen gibt es recht wenig Angebot.

Wir als Low-Budget-Traveller können es uns natürlich nicht jede Nacht leisten, hier auf einem Campingplatz zu stehen und suchen ja auch eher die Abgeschiedenheit des Wildstehens. Nach ein paar Tagen mit eher nervigen Übernachtungsangeboten, haben wir uns dann entschlossen, direkt nach Schottland zu fahren und England nur zu durchqueren. Wales und Irland haben wir auch auf die nächste Reise vertagt.

Auf nach Norden

In Leicester (Lester) haben wir noch ganz alte junggebliebene Freunde von Iris besucht – Australier jetzt mit Kids, die gerade zu Besuch in England bei der Verwandtschaft sind. Und wie der Zufall es wollte, hatten sie haufenweise Essen übrig von einer Familienfeier, das wir ihnen dann ganz uneigennützig auf Ihre Bitte hin "abgenommen" haben – soviel unser Kühlschrank aufnehmen konnte: 25 Mini-Pork-Pies, Coleman's Senf, Molton Mowbray Blauschimmelkäse und noch packungsweise Erdnüsse. Und auch wir haben sie mit unserer selbst gemachten Kirschmarmelade ("Cherry Cherry Lady" genannt), Wein von zu Hause, einer klitzekleinen Kostprobe der guten Halberstädter Wurst sowie unserem besten Senf, dem guten Bautz'ner versorgt. Liebe & Freundschaft geht eben durch den Magen. Tauschen macht Laune!

Und dann gings weiter in einem großen Rutsch bis über die Grenze nach Schottland. Eben in England noch 25 Grad und kein Wölkchen mit Sonnenbrutzeln – pünktlich ab der schottischen Grenze kam ein 12-stündiger Regenguss mit Windböen – "Willkommen in Schottland!". Aber gerade wir lieben ja solch ein Wetter, wo es sich im Kastenwagen gleich noch besser kuschelt und sich so richtig heimelig anfühlt.

Dumfriesshire

Von der Gegend unterhalb Glasgows hatten wir eigentlich gar nicht so viel erwartet, man kennt ja meist, wenn man an Schottland denkt, nur die Bilder von den Highlands. Aber hier ist es absolut traumhaft, viel weniger Touristen und noch mehr gechillte Stellplätze. Hier bieten viele Gemeinden Stellplätze direkt bei den örtlichen Sehenswürdigkeiten an, auch zum Übernachten auf Spendenbasis. Das finden wir so ein tolles Konzept und steuern hier immer gerne etwas bei.

Die ersten Tage haben wir bei Caerlaverock Castle verbracht, welches zu den wenigen dreieckigen Burgen gehört. Vielmehr allerdings wie das Castle, hat uns der Märchenwald rund um die Burg verzaubert. Lange Spaziergänge unter uralten Bäumen sind hier möglich. Der Wald wurde sich fast ganz selbst überlassen, wobei die Wege gut gepflegt sind. Man schreitet durch ein wildes Durcheinander von Laubbäumen, mal bemoost mal umgestürzt mal knorrig, mal mit Nisthöhle, mal mit Efeu bis oben bewachsen. Dazwischen gibt es Moore und Bäche, Lichteinfälle fallen auf leuchtend purpurne Blütenstauden und eine hölzerne Brücke führt über einen Bach. Romantik pur! Es fehlte nur noch ein röhrender Hirsch auf einer Lichtung. Kommt man um ein Eck herum, steht man plötzlich vor einer Vogelbeobachtungsstation, mit freiem Blick auf die Heidelandschaft bis hin zum Meer. Die Station diente uns auch als vorzügliches Versteck vor einem aufdringlichen Schwarm Fliegen, den wir nicht mehr seit der Kuhweide los wurden.

Auf dem zum "Caerlaverock Castle" dazugehörenden idyllischen Stellplatz konnten wir auch endlich unsere gestapelte Arbeit wieder in Angriff nehmen und haben nun endlich wieder in einen guten Rhythmus zwischen Arbeit & Erholung gefunden.

Eigentlich wollten wir danach weiterziehen und die Gegend verlassen, aber im nächsten Ort sind wir direkt wieder schwach geworden und haben uns noch einen herrlichen Sonnenuntergang am River Nith gegönnt – ein ganz besonderer Fluss, wie nicht nur die Einheimischen meinen. Neben Wildlife bis zum Umfallen gibt es hier auch eine Flutwelle, die auf Grund der Gezeiten 2x täglich flussaufwärts rollt. Bei unserem Besuch kam sie allerdings mitten in der Nacht und wir haben sie leider verpasst. Die sogenannte "Bore" – so wurde uns von Locals erzählt – gibt es wohl nur, wenn einige Faktoren zusammentreffen und sie ist in ihrer Intensität auch noch von der jeweiligen Mondphase abhängig. Es ist also gar nicht sooo leicht sie zu sehen. Oft hört man sie bevor man sie sieht, es klingt wie ein aus der Ferne herannahender Zug. Hier findet man mehr Informationen über dieses interessante Phänomen.

Den nächsten Tag haben wir im Galloway Forest Park verbracht. Auch wenn dieser wunderschön ist, haben wir zwar eine wundervolle Nacht dort verbracht, aber ausser ein paar Vögeln absolute keine Tiere gesehen – das muss man in diesem Nationalpark erst einmal schaffen. Bestimmt 50km sind wir im 2. Gang durch diesen Park auf der eigens eingerichteten "Forest route" getuckert, immer gespannt, wann wir endlich Milane, Rotwild, Wildziegen oder Eichhörnchen sehen (und vielleicht sogar streicheln können) – alles Tierarten die man hier wohl ausgezeichnet sehen kann ... nicht für uns diesmal. Am Ende gab's dann aber doch noch eine imposante, mehrbogige alte 150m lange Steinbrücke im Nirgendwo zu bestaunen, gut in Schuss aber es gab dahinter nur noch ein, zwei Gehöfte.

Heute sind wir etliche Kilometer weiter nach Norden gefahren und dann kam es. Wir steckten plötzlich mitten drin im Armageddon – in dieser bereits vorab gefürchteten Situation:
Auf Grund einer Umleitung mussten wir auf eine One-Lane-Road mitten über Farmland ausweichen. In der Regel haben diese einspurigen Straßen alle paar hundert Meter Ausweichstellen – selbstverständlich nicht so auf dieser Strecke. Und so steckten wir dann zusammen mit einem entgegenkommenden Pferdetransporter (der allein die ganze Straßenbreite einnahm) und ca. 50 Fahrzeugen im Stau auf einem Teilstück fest, es ging kaum mehr vor oder zurück und von hinten kamen immer neue Fahrzeuge an. Es war so eine Art Thrombose mitten in Schottland und wir sind das Problem und auch die Lösung. Gunnar also im Auto, ich davor mit Händen und Füßen am Anweisungen gebend, sind wir an Rosenhecken entlang geschrammt, haarscharf an eingeklappten Spiegeln und viel Blech. So sind wir letztendlich zentimeterweise aneinander vorbeigeflutscht. Beide gut geschafft, ging es mit letzter Kraft auf den nächstbesten Stellplatz zum Entspannungsbier – oh Mann, was für eine Erfahrung. Jetzt schockt uns wirklich gar nichts mehr.

In all dem Trouble mit den anderen schottischen Autofahrern meinte ein älterer Herr zu uns "Welcome to Scotland!".

(Kommentare: 1)

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Kommentare

Kommentar von Missy |

Fantastisch❤️