Strände wie in der Karibik
"Camping ist der Zustand, in dem man seine eigene Verwahrlosung als Erholung empfindet" – trifft es ziemlich genau auf den Punkt, oder?
Ungefähr an diesem Punkt der Reise sind wir gerade angekommen. Nein wir verwahrlosen noch nicht komplett, aber einmal die Woche in die Zivilisation und zum Einkaufen reicht uns gerade vollkommen. Die restliche Zeit verbringen wir lieber an einsamen Stränden, in unberührter Natur zwischen mächtigen Bergrücken. Wenn wir dann mal wieder auf einem Campingplatz sind, geht es als erstes immer an die Ver- und Entsorgung. Anschließend wird mindestens 15 Minuten heiß geduscht und auch jede Stromquelle, Powerbank und Akku im Camper wieder aufgeladen. Dann, ja dann zieht es uns aber auch schon wieder raus in die Natur.
Auf dem Weg nach Norden haben wir die direkte Route verlassen, um eine der kleinsten und wohl auch schönsten Nebenstraßen von Schottland zu erfahren: Von Drumrunie über Lochinver und Drumbeg und bei Newton zurück auf die NC500 (ca. 80km in 4 Tagen). Der erste Teil der Route wird zusammengefasst in diesem Youtube-Video gezeigt, absolut sehenswert, um das Gefühl für diese Straßen nachvollziehen zu können. Man kommt vorbei an Warnschildern, dass Verkehrsteilnehmer über 8m Länge oder auch mal 2m Breite hier nicht mehr durchpassen. Unser Buddy ist zwar nicht der dickste, aber selbst an den Ausweichplätzen ist es bei Gegenverkehr sehr knapp.
Die erste Nacht haben wir dann an einem wundervoll gelegenen Leuchtturm, welcher sogar gemietet werden kann, beim Lighthouse of Stoer verbracht. Nur wenige Tage vorher wurden hier wieder Wale, Delfine und sogar Orcas gesichtet. Wir haben zwar sehr viel aufs Meer geschaut, man kann allerdings nicht immer Glück haben.
Eine tolle Wanderung haben wir hier entlang der Küste unternommen. Über Stock und Stein ging es, über Bäche und von Kühen völlig ausgetretene Schlammlöcher – eben durch ziemlich unwegsames Gelände, aber immer mit tollem Ausblick auf den Leuchtturm (siehe Fotos). Begleitet wurden wir von dem Rauschen der Brandung, den Rufen der Seehunde, welche sich auf den angrenzenden Felsformationen sonnten und sich um die besten Plätze stritten sowie dem Määähhhen der allgegenwärtigen Schafe .
Gunnar bekam auf dieser Route an einem der Wild-Stellplätze mal wieder einen Rappel und ist ab in die Pampa und ins felsige Sumpfland. Nur in T-Shirt und kurzen Hosen, ohne Fernglas, dafür mit guten Bergschuhen. Nach etwas über einer halben Stunde kam eine aufgeregte Chat-Nachricht "Herde Rotwild, ca. 20". Nun ja, die Smartphone-Kamera gab nicht viel her, das gute Wild war ca. 2km entfernt. Die Sicht war da oben wahrlich erstaunlich. Er dachte sich auch, Zecken gibt es hier erstaunlich wenige – justamente krabbelte ihm eine über das Handydisplay. Auf jeden Fall war er danach gut fertig und er hatte genug Auslauf.
Wir waren nun bereits einige Male im Meer – bei diesen Bilderbuch-Stränden ja auch nicht zu verdenken. Oft hat man den Strand komplett für sich alleine, das ist einfach toll. Das Wasser ist zwar kühl, aber glasklar und karibisch blau. Und um so weiter wir in den Norden gekommen sind, um so schöner wurden tatsächlich diese Strände obwohl wir das nicht für möglich gehalten hätten. Neulich am Strand habe ich, direkt nachdem wir aus dem Wasser gekommen sind, einen kleinen Seehund entdeckt. Genau an der gleichen Stelle, an welcher wir eben noch im Wasser waren. So nah kommt man dem Wildlife wirklich selten wie hier in Schottland.
Die NC500, die wohl bekannteste Straße Schottlands, führt im äußersten Norden der Highlands an der Küste entlang und ist die einzige Verbindung zwischen den kleinen Örtchen. Sie führt durch einsame Gegenden und wunderschöne, meist unerschlossene Landschaft. Dabei wird sie stellenweise auch nur zu einer Single-Track-Road. Außer ein paar Parkbuchten und ein paar winzigen Örtchen gibt es hier eigentlich nicht viel. Trotzdem tummeln sich auf dieser Verbindungsstraße nicht nur unzählige Touristen, auch die komplette Logistik zur Versorgung des Nordens findet auf ihr statt.
Den letzten wirklichen Supermarkt gab es auf Skye. Danach gab es eigentlich nur noch kleine, äußerst charmante Dorflädchen mit absolut liebenswertem und hilfsbereitem Personal, von welchem wir des Öfteren die besten Geheimtipps erhalten haben. Vielen Dank dafür ♥ !
Auf eben dieser Straße gibt es auch ein kleines Künstlerdorf namens Cocoa Mountain, das wir uns natürlich angesehen haben. Alles wird von den Künstlern selbst geführt und es gibt auch ein Café und ein Restaurant. Darüber hinaus Kunst und Kunsthandwerk aller Art. Neben einigen skurrilen und vor allem morbiden Eisenkunstwerken, gab es Glaskunst, Töpferei, Silberschmuck – da bin ich natürlich wieder schwach geworden – und auch viele Gemälde. Die wunderschönen gemalten Landschafts- und Meeresmotive haben es mir angetan. So sehr, dass ich nun nach über 20 Jahren wieder einmal mit dem Malen angefangen habe.
Hier unterwegs male ich umständehalber momentan auf dem iPad, ich weiß, dass ist nicht das gleiche wie mit Pinsel und Staffelei, aber den Platz haben wir nicht und zum üben genügt es allemal. Es wird noch dauern bis meine ersten Werke vorzeigbar sind (Gunnar gefallen sie allerdings schon jetzt sehr), aber vielleicht findet ihr in einem der nächsten Artikel auch mal das ein oder andere Gemälde, bleibt gespannt.
Vor ein paar Tagen sind wir nun in John o' Groats, dem nord-östlichsten Punkt der NC500 vorbeigekommen. Und das war erst mal ein ganz schöner Schock für uns. Ohne Vorwarnung, direkt aus der Einsamkeit der Highlands heraus, steht man plötzlich in flachem, "langweiligen" Farmland. Eine kleine Vorwarnung wäre schon schön gewesen, ein Schild mit "Achtung das Outback endet in 10 Meilen" oder "Sie befinden sich bald wieder in der Zivilisation, genießen Sie also noch die letzte Ruhe der Highlands" oder so etwas. Auch wenn wir wissen, dass noch ein paar wilde Ecken auf dem Weg nach Süden auf uns warten, wer hätte gedacht, dass gerade das entlegendste Gebiet in den Highlands gut bevölkert und vollkommen durch Ackerbau und Viehzucht erschlossen ist.
Auch wenn wir, nach der letzten erneuten Attacke von Midges und Zecken auf Gunnar im Hochland der Highlands, schon mal damit geliebäugelt haben, wieder in anderer Gesellschaft zu sein. Das war dann doch zu krass aber auf jeden Fall interessant und beeindruckend. Hier befinden sich übrigens auch die Fähren Richtung Orkney und Shetland. Dass man Orkney direkt sehen kann, war für uns auch neu. Ja vielleicht, wenn wir mal wieder hier sind, fahren wir da auch mal hin, reizen würde es uns schon.
Mitte dieser Woche ist der Wind stark aufgefrischt und wir haben gefühlt auch hier die ersten Herbsttage. Wir müssen nun zumindest früh die Heizung im Camper anmachen, um von morgens 14 Grad Innentemperatur wieder auf Wohlfühlniveau zu kommen. Dieses Wochenende wird der Kleiderschrank umgeräumt, die Sommersachen verschwinden in den hintersten Winkeln des Kastenwagens und Mützen, Handschuhe, Winterpullis sowie Daunenjacken werden herausgeholt. Die bisher hauptsächlich getragene Fleecejacke reicht nun draussen einfach nicht mehr.
Beruflich hat es nun stark angezogen und wir sind momentan wieder sehr gut ausgelastet. Daher hat der neue Artikel diesmal ein paar Tage länger gedauert. Wir freuen uns aber darüber, dass der Laden wieder richtig läuft und die Kasse demnach auch wieder klingelt. Das Auf und Ab gehört eben auch dazu zum Leben eines Selbstständigen. Wir würden trotzdem nicht tauschen. Nur so können wir es uns ermöglichen, länger in einem fremden Land unterwegs zu sein und neben der täglichen Arbeit etwas vom Land und der Kultur zu sehen und zu erleben.
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Firemore Beach -
Sonnenuntergang am Firemore Beach -
Der Leuchtturm von Stoer -
Der Leuchtturm von Stoer -
Der Leuchtturm von Stoer -
Die Wanderung zum Man of Stoer -
Flechten (Niebla Homalea) -
Rein ins eiskalte Nass -
Clashnessie Beach -
Drumbeg Viewpoint -
Heidekraut-Stimmung -
In der Wildnis beim Berg Quinag -
In der Wildnis beim Berg Quinag -
Schmalblättriges Wollgras -
Knallbunte Heide -
In der Region Assynt -
Geheimtipp Oldshoremore Beach -
In den Klippen am Ceannabeinne Beach -
Regenbogen am Ceannabeinne Beach -
Am Strand bei Wind und Wetter -
Am Ceannabeinne Beach -
John o' Groats
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Kommentare
Kommentar von Caroline Manger |
Tolle Fotos!!!!
Antwort von Iris und Gunnar
♥ danke