Langeweile? Nicht bei uns ...
Beim letzten Artikel waren wir gefühlt mental gerade erst in der Bretagne angekommen und nun sind wir so richtig drin im Leben in der Bretagne. Langeweile stellt sich mit den einzigartigen Bretonen auf alle Fälle nicht ein.
Von unserem absoluten Lieblingsort Meneham bzw. Ménez Ham auf Bretonisch (das Dorf auf dem Berg), sind wir weiter Richtung Süd-Westen an der Küste des Département Finistère entlang getingelt. Von unserer letzten Reise wissen wir, je näher man an die Großstadt Brest kommt, desto voller wird es und damit geht einher, dass es dann weniger wilde Freisteh-Plätze für uns gibt.
Wir haben es uns also offen gelassen, wann der Moment kommt, entweder einen großen Sprung um Brest herum zu machen oder zurück das letzte Stückchen Küste oberhalb von Meneham erkunden, das wir vor ein paar Wochen aus Vorfreude auf Meneham übersprungen hatten.
Entschieden haben wir uns dann schließlich für das ausgelassene Stückchen, damit die Reise "rund" ist und wir nicht wieder das Gefühl haben, etwas in der Bretagne verpasst zu haben. Bestimmt fallen uns aber künftig trotzdem wieder ein oder mehrere Gründe ein, warum es sich doch lohnt wieder in die Bretagne zu kommen.
Die Franzosen gefallen uns sehr, mit allen ihren Eigenheiten. "Savoir vivre", die berühmte französische Redensart – die Kunst zu Leben, egal ob kulturell, ästhetischer Natur, genussreich, in vollen Zügen oder wie man für sich diese Kunst auch immer definieren mag – wir können das auch schon ziemlich gut. Nicht nur im Supermarkt schaffen wir es immer eine ordentliche Summe an Genuss zu erreichen, auch die Landschaft genießen wir immer noch ausgiebigst und geben uns die größte Mühe das Savoir vivre so richtig in uns aufzusaugen.
Hier gibt es in jedem Supermarkt eine Ecke mit bretonischen Spezialitäten, die wir immer als erstes durchforsten. Es gibt dort die leckersten Butterkekse und Butterkuchen namens Kouign-amann, Caramell-Creme aus der Spritzflasche (haben wir noch nicht probiert, sieht aber sehr verlockend aus), Crêpes und Galettes und neulich haben wir noch "Chips de Sarrasin", also zum Naschen Buchweizenpfannkuchen für abends auf der Couch. Danke Frankreich, das könnt ihr wie niemand anderes.
Auf Grund des starken Sturmes sind leider einige Automaten ausgefallen. Diese Automaten gibt es hier für vieles: Fürs Parken (das kennen sicher die meisten), dann für's Tauschen von Gasflaschen, dann natürlich für den Stellplatz, für's Wäschewaschen, für frische Steinofenpizza oder auch für Austern und einige davon haben unsere Planung schon gehörig durcheinander gebracht.
Zum Beispiel als wir letzten Sonntag schon wieder in einem Stellplatz feststeckten, weil der Automat nicht funktioniert hat. Das wäre an sich ja nicht so das Problem gewesen, wenn nicht gleichzeitig noch unsere Gasflasche leer geworden wäre – ein Problem das bei dem derzeitigen Wetter immer noch höchstdringlich behoben werden muss, da wir aus Platzgründen im Gaskasten nur eine kleine deutsche 5kg Gasflasche als Sicherheit neben der großen 13kg französischen Flasche dabei haben.
Für die Wohnmobil-Laien unter euch: Wenn man mit Gas heizt und bei niedrigen Temperaturen somit auch die Temperatur im Wohnmobil sinkt, besteht vor allem Nachts die Gefahr, dass sich der Frostwächter (bei unter +8 Grad) öffnet und dann im ungünstigsten Fall mit der Pumpe alles Wasser abgelassen wird. Dann hat man auf der einen Seite kein Wasser mehr, wenn man das aber nicht mitbekommt, weil man schläft oder nicht am Wohnmobil ist, dann pumpt die Wasserpumpe den kompletten 100l-Wassertank leer und eine trockene Pumpe kann dann direkt kaputt gehen. Daher kommt die Versorgung mit einer vollen Gasflasche beim Wohnmobilisten oft an absolut erster Stelle.
Der Automat an sich war nicht komplett kaputt, sondern nur der Bondrucker leer. Bei diesem Typ Automat bekommt man aber am Ende des Bezahlvorgangs auf einem Bon seinen persönlichen 6stelligen Code mitgeteilt, mit dem man dann weitere Dienstleistungen wie Wasser oder Ver- und Entsorgung kaufen kann oder eben wieder herausfahren kann. Ist nun der Bondrucker leer, bekommt man den Code riesig für nur wenige Sekunden auf dem Bildschirm angezeigt und muss es entweder schaffen, sich in diesem Moment der absoluten Wichtigkeit dieses Codes bewusst zu sein und sein Handy zu zücken und diesen blitzschnell noch abzufotografieren. Für beides waren wir in diesem Moment zu überfordert bzw. nicht darauf vorbereitet und fuhren somit ahnungslos in den Stellplatz hinein, nachdem sich die Schranke für uns geöffnet hatte.
Der Stellplatz hatte bestimmt hundert Plätze und nur 5 oder 6 davon waren belegt und vermutlich ging es allen anderen auf dem Platz wie uns. Dass wir nun ein Problem haben könnten, fiel uns auch erst nach einer guten Stunde auf, weil es auch einige Stellplätze mit automatischer Schranke gibt. Glücklicherweise haben wir ja noch eine kleine Gasflasche dabei, die zwar die Vollkatastrophe mittags gerade noch verhindern konnte: hungriger Ehemann vor kaltem Essen. Aber diese kleine Zweit-Flasche hätte uns wohl kaum noch durch die Nacht gerettet.
Unsere französischen Stellplatznachbarn sind dann glücklicherweise aufgebrochen und so konnten wir direkt beobachten, wie sie das gleiche Dilemma bei der Ausfahrt erlebten. Gut, nun waren wir immerhin schon zu zweit und wenigstens eine Partei war der französischen Sprache mächtig. So kamen wir gegen 12:30 Uhr mittags durch die Hilfe dieser wieder frei und verzichteten auf die bereits bezahlte Nacht, um wenigstens unser Gasproblem zu lösen. Da es Sonntag war, machen zwischen 12 und 13 Uhr alle Geschäfte zu und man hat dann nur noch über Automaten die Chance an eine Gasflasche zu kommen. Na? Könnt ihr euch den Verlauf schon denken? Natürlich war der einzige Gasflaschen-Automat weit und breit auch defekt, aber erst beim allerletzten Schritt bei dem Prozedere am Bedienterminal. Was uns wieder kostbare Minuten gekostet hat, bevor alles geschlossen war. Und so hat uns das kleine Dorf-Bar-Tabac-Lädchen mit Gasflaschen-Sortiment, im Fischerort ums Eck, 3 min vor Ladenschluss den Hintern gerettet, auf gut deutsch gesagt: Was ein Abenteuer!
Bereits als wir in der Bretagne angekommen sind haben wir von den Einheimischen gehört und schließlich mit eigenen Augen gesehen, was hier in den letzten Monaten für Sturmschäden entstanden sind. Dass sich das Wetter hier rasend schnell ändert und dass es oft ordentlich Wind hat, das kennen wir und das lieben wir auch irgendwie. Aber die letzte Sturmsaison muss das Départment Finistère wieder einmal ordentlich erwischt haben. Das halbe Départment war wohl im Dezember ohne Strom und überall sieht man die uralten Pinien, die entwurzelt wurden. Ganze Wäldstücke sind umgeknickt wie Streichhölzer und die Bewohner arbeiten noch immer tatkräftig daran, die Schäden in ihren Gärten zu beseitigen.
Deshalb war uns auch nicht minder mulmig zu mute, als wir im letzte Woche im Wetterbericht gesehen haben, dass für den nächsten Mittag wieder Flut- und Sturmwarnung mit Windspitzen über 100h/km angekündigt waren. Bereits am Vortag und -abend gab es ordentlich Wind, den wir noch an einem wunderschönen Stellplatz abwarten wollten, um am nächsten Morgen direkt einen sichereren Standort aufzusuchen.
Auf dem Weg dahin konnten wir dann nur um Haaresbreite einem herabhängenden Stromkabel auf der Landstraße ausweichen, das über die Straße hin und herflatterte bis auf die Gegenfahrbahn und wieder zurück. Und nur wenige hundert Meter weiter wäre uns dann fast noch ein völlig verwirrter streunender Hund vor die Motorhaube gelaufen, er war im wahrsten Sinne des Wortes völlig durch den Wind. Aber es ist alles gut gegangen und so haben wir genau rechtzeitig noch einen gut geschützten Platz in einer Senke an einem kleinen Ort bezogen und konnten dort den Sturm aussitzen. So schnell er kam, so schnell war er auch wieder weg, bereits am Abend konnte man wieder ans Meer, wo es noch wirklich beeindruckende Brandung und Wellen zu sehen gab.
Mit meinem Französisch gibt es auch nicht wirkliche Fortschritte, über das tägliche Geplänkel beim Einkaufen geht es leider nicht hinaus. Da bräuchte es wirklich noch erheblich mehr Übung. Gunnar kann exakt 4 Sätze im Französischen, hat dabei aber immer den richtigen Spruch für alle Gelegenheiten auf Lager. Wie oft ich so herzlich lachen muss, wenn ich mich abkämpfe irgendeine Konversation mit den Einheimischen zu meistern und er dann einfach situationsabhängig kommtiert mit "un grand malheur", "merde", "rien ne va plus", oder "mega geniál". Glücklicherweise konnte er den weiteren bekannten Satz "Voulez-vous coucher avec moi" noch nicht unterbringen.
Auch beim Geocachen schreiben wir diese Woche neue Rekorde, Gunnar konnte den 500. gefundenen Geocache loggen, wenn das mal keine Leistung ist. Ich erinnere mich noch, dass wir den 400. vor circa 2 Jahren gefunden hatten, also ist das schon ein ordentlicher Fortschritt. Und es macht auch wirklich Spaß so immer einen Grund zu haben noch eine kleine Runde draußen zu drehen, wenn man an einem neuen Ort ist. Meist sind diese "Schätze" ja an ganz besonders schönen Orten versteckt.
Einen weiteren französichen Fauxpas der besonderen Art durften wir diese Woche auch noch erleben. Wir standen auf einem nigelnagelneuen Stellplatz, alles frisch angelegt. Es gab noch keine Bäume oder auch nur Sträucher. Das hält den freiheitsliebenden Franzosen aber scheinbar nicht vom Wildurinieren ab. Direkt 1m vor dem Wohnmobil, ohne Schutz und Scham, an einem gut besuchten Stellplatz konnten wir dieses neue Highlight der Woche beobachten. Gunnar konnte seinen Augen nicht trauen. Ich war glücklicherweise abgewandt von diesem Erlebnis.
Ob solche oder andere Erlebnisse, Bretagne, du und deine Bewohner, ihr werdet trotzdem immer einen besonderen Platz in unserem Herzen haben.
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Aussichtspunkt von Aber Wrac’h -
Und plötzlich wird gekuschelt -
Abends in Aber Wrac’h -
Phare de l’Île Vierge -
Der Bergbezwinger -
Strandidylle -
Miniaturbäume mit Frisur -
Lichtstimmung -
Penfoul -
Stürmische Zeiten in Penfoul -
Küste von Penfoul -
Leuchtturm von Porspoder -
Liebe kennt kein Alter -
Altes Cafe in Brignogan-Plage -
Aufblühen -
Leuchtturm Kerlouan -
Stillleben im Sand -
Nach dem Sturm -
Plage du Garo -
Was ein Regenbogen -
Wolkenwand am Strand -
Corps de garde de Lavillo
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Kommentare
Kommentar von Wolfgang Kraus |
Guten Morgen in die Bretagne!
Bei Euch ist ja immer was los. Wieder eine wunderbare Beschreibung Eurer Reise. Übrigens, ich hatte immer eine Zweite 11 kg dabei! Das ist natürlich eine Platz- und auch Gewichtsfrage. Das mit dem Frostwächter ist mir neu - sowas hatten wir natürlich nicht. Wobei die Pumpe bei Leerlauf abschalten sollte bevor sie heiß läuft - diese Info gib doch dem Innenausbauer weiter. Ihr habt wieder wunderbare Bilder geschossen. Leider vermisse ich Bilder auch von der Verwüstung, die Sturmschäden! Bei unserer "Schneeschuhwanderung" am Rennsteig (ohne Schnee!) hatten wir Waldschäden gesehen die sich keiner vorstellen kann! 90 % der Waldfläche in 1,5 Meter Höhe abgesägt. Der Borgenkäfer hatte ganze Arbeit geleistet. Unvorstellbar!!! Ganze Hügel und Berge kahl - nur 1,5 m hohe Streichhölzer sind zu sehen. Wir hatten trotzdem eine gute Zeit.
Ürigens: Am 1. Mai ist Hütteneröffnung.
Euch noch viele wunderbare Momente!
Hilde und Wolfgang
Antwort von Iris und Gunnar
Danke ihr beiden,
Fotos von den Schäden versuchen wir nächstes Mal mit zu zeigen. Euch viel Spaß bei der Hütteneröffnung!
LG
Iris und Gunnar