Herbst in Schottland

Eben waren wir noch baden im Meer und dann wurde es auf einmal fröstelig und es kam der Herbst. Es folgten kalte Nächte bis an die Frostgrenze und dazu noch mit ordentlichen Stürmen. Viel Sonnenschein gab es trotzdem, aber die Temperaturen sind meist nicht weit im zweistelligen Bereich und ohne Heizung im Kastenwagen geht es ab jetzt zumindest morgens nicht mehr, damit wir aus den Federn kommen.

Seit unserem letztem Artikel ist viel passiert: Wir befinden uns mittlerweile im Grenzland von Schottland und England und sind einmal quer durch das ganze Land gefahren. Allerdings etwas anders als geplant. Eigentlich wollten wir ja die Ostküste noch komplett herunter fahren, aber die reizvolle Berglandschaft in den Highlands hat uns so in seinen Bann gezogen, dass das ebene Farmland an der Küste nicht mithalten konnte. So kam es, dass wir nochmal ins Landesinnere fuhren.

Dazu kam, dass wir beruflich gerade nun wirklich sehr eingespannt sind. Auch solche Zeiten gibt es und dann müssen die spaßigeren Dinge eben zurück stecken. Und das hat auch dazu geführt, dass wir am letzten Wochenende dann den größten Teil der Strecke bis zur Fähre in Newcastle bewältigt haben. Wir wollten die letzten 10 Tage bis zur Fährüberfahrt in Newcastle in der Region Scottish Border – dem südöstlichstem Teil Schottlands – und Northumberland dem nördlichsten Teil Englands verbringen, um keinen Stress vor der Fähre zu haben und um so flexibler auf die Arbeitssituation eingehen zu können. Außerdem hatten wir von einigen Reisebekanntschaften gehört, dass dieser Teil der Britischen Inseln absolut sehenswert sei, auch wenn man ihn natürlich nicht mit den Highlands vergleichen kann.

Aber etwas Zeit zum Erkunden und Genießen finden wir natürlich trotzdem immer, allerdings bleibt gerade dann kaum mehr Zeit um die vielen Erlebnisse, wunderbaren Stellplätze und Eindrücke in Worte zu fassen und die Bilder für einen neuen Artikel zusammen zu sammeln. Deswegen musstet ihr diesmal etwas länger warten. Wir hoffen ihr freut euch umso mehr über jetzt ein paar mehr Fotos.

Aber nun erstmal von Anfang an, was so alles in den letzten beiden Wochen passiert ist:
Eine Sache, die wir unbedingt auf unserer Reise durch Schottland nicht verpassen wollten, lag in der Gegend von Inverness: das Schlachtfeld von Culloden. Fans der Serie Outlander wird das vielleicht ein Begriff sein. Nun sind wir keine typischen Filmtouristen, die ihre Route ausschließlich nach den Film-Sets planen sondern eher zufällige interessierte Besucher, wenn wir dann doch mal in der Nähe sein sollten.

Für die meisten Schotten ist diese historische Location Sinnbild einer denkwürdigen Niederlage der Schotten gegen die Engländer. Nach vielen landesweiten Erfolgen der Schotten Mitte des 18. Jahrhunderts, war dieses Blutbad nach der Überlieferung, in weniger als einer Stunde, das Ende der Hoffnung auf einen schottischen König auf dem Thron. Nach der Schlacht wurden alle gefangenen und verwundeten Clan-Krieger exekutiert. Noch heute kommen viele, in traditionellen Tarp des Familienclans gekleidete Schotten, zu diesem Schlachtfeld, um an den Gedenksteinen der jeweiligen Clans den tapferen Kämpfern zu gedenken.

Auch wenn wir persönlich keine familiäre Verbindungen zu Schottland haben, hat uns dieser Teil der Geschichte Schottlands bewegt. Die vielen einzelnen geschichtlichen Puzzleteile, die wir hier vor Ort erfahren dürfen, ergeben ein immer detaillierteres Bild der Kultur und der Identität der Schotten. Und es ist schon beeindruckend, wie genau die Wissenschaft über solche Ereignisse Hunderte Jahre später aus Überlieferungen und Funden auf dem Schlachtfeld einen Ablauf dieser Geschehnisse rekonstruieren kann.

Einen weiteren Stop haben wir in den Cairngorms gemacht. Diese Bergregion ist längst nicht so bekannt wie die Highlands jedoch absolut sehenswert. Hoch oben an der Bergstation des Cairngorm Mountain auf 650m Höhe (der Cairngorm ist immerhin der 6. höchste Berg Schottlands) haben wir zwei frostige Nächte verbracht. Und natürlich geht die Gasflasche immer ausgerechnet in solchen Nächten zur Neige, auch wenn man glücklicherweise hier in Schottland recht schnell an Nachschub kommt – natürlich erst am nächsten Vormittag.

Östlich von Edinburgh am Firth of Forth haben wir uns dann vom Fahrstress erst einmal auf einem Campingplatz erholt, einen Berg Wäsche gewaschen und einen weiteren Sturm im Wohnmobil ausgesessen. Das war natürlich nichts gegen so einen Sturm wie wir ihn im Frühjahr in der Bretagne an 10 Tagen in Folge erleben durften.

Und so lassen wir uns nun hier unten einfach ohne Reisestress treiben, sind erst an der Ostküste entlang und dann ins Inland abgetaucht. Hier gibt es angeblich die meisten Burgen und wir haben noch die ein oder andere davon auf dem Reiseplan stehen.

Wir haben einen wunderschönen Nachmitttag im kleinen Städtchen Melrose verlebt. Auch wenn wir eigentlich wegen der bekannten Melrose Abbey da waren und diese gerade wegen Einsturzgefahr nicht betreten werden darf, war der Aufenthalt dort nicht von Enttäuschung geprägt. Dieser Ort ist einer der schönsten, den wir in der ganzen Zeit gesehen haben. Ich durfte in einigen Souvenir- und Tüddelkram-Shops stöbern und Gunnar hat den wohl besten Metzger der ganzen Reise entdeckt und sich für einige Tage mit Pies verschiedenster Art eingedeckt. So war dieser Besuch für uns beide absolut gelungen.

Am nächsten Tag sind wir dann in den bergigen wunderschönen Kielder Forest Park aufgebrochen und haben dort mal wieder die Einsamkeit genossen. Gunnar hatte wieder einmal einen Rappel und wollte einen Geocache finden. Es fehlen ihm noch zwei, dann hat er insgesamt bisher 400 Schätze gefunden. Geocaching ist ein schönes Hobby, wenn man Spaß daran hat in der Natur zu sein und fremdes Terrain zu erkunden. Anders als gedacht, brachte er dann direkt zwei Schätze mit (siehe Fotos). Beide Prachtexemplare sorgten anschließend für ein reichhaltiges Abendessen. Das war sowas von lecker und ein kulinarischer Genuss, wie wir ihn lange nicht hatten.

Der 19km lange Forest Drive, auf dem uns exakt 2 Autos begegnet sind und der mit max. 25km/h entlang karger Bergrücken und durch viele Wälder führt war ein besonderes Erlebnis und entschleunigt richtig gut. Ganz zufällig sind wir auf dieses Highlight an einem Parkautomaten gestoßen, an dem man auch ein Ticket für diesen Forest Drive lösen konnte. Und so etwas lassen wir uns natürlich nicht entgehen.

Mittlerweile haben wir die Grenze mehrfach hin- und her überquert, sind nun wieder an der Ost-Küste und steuern langsam unserm letzten Stop entgegen, wo wir uns erstmal von Großbritannien verabschieden werden. Schön ist es auch hier. Wir befinden uns nämlich gerade an der Northumberland Coast Area of Outstanding Natural Beauty – der Name ist Programm! Kann sich sehen lassen, finden wir – und ihr?

(Kommentare: 1)

Zur Startseite

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 7 und 3?

Kommentare

Kommentar von Wolfgang |

Der echte Wahnsinn!
Ihr könnt das doch als Reiseführer anbieten.
Wie klappt das mit der Arbeit? Oder benötigt Ihr nicht immer Netz?
Jetzt schau ich mir den nächsten Beitrag an.
Euch noch eine abwechslungsreiche Zeit!
Wolfgang

Antwort von Iris und Gunnar

vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Wir hatten mit Arbeit und Internet bisher kaum Probleme, selbst in der hintersten Ecke gibt es in Schottland Netz! Viel Spaß beim weiterschmökern!