Elchkuh im Vorgarten

Seit Wochen sind wir Ihnen auf der Spur, jeder Kackehaufen, den wir sehen, sieht immer noch frischer aus. Auf den Lofoten, auf denen es angeblich gar keine Elche gibt, sehen wir im Norden gefühlt hinter jedem zweiten Busch eine Hinterlassenschaft. Um 4 Uhr morgens sind wir aufgestanden, um ihn zu sehen ... alles vergeblich ... aber wir haben nicht aufgegeben …

Nach den Lofoten sollte es für uns weiter nach Andøya gehen. Langøya haben wir bereits bei der letzten Reise erkundet und so sind wir ziemlich zügig weiter in den Norden. Wir wollen schließlich noch weiter nach Senja, denn das kennen wir noch gar nicht.

Bereits ganz am Anfang von Andøya, in der Ecke von Risøyhamn, haben wir doch fast noch eine kleine Herde Rentiere nach einer Bergkuppe umgenietet. Dank unserer vorausschauenden Fahrweise ist aber nichts passiert. Die Rentiere standen seelenruhig am Straßenrand und haben genüßlich am Gras geknabbert. Auf den ersten Blick hielten wir sie eher für eine Herde Riesenschafe. Rentiere haben nämlich ein sehr helles Winterkleid, das so weit im Norden noch nicht gewechselt wurde. Leuchtend stechen sie aus der noch kargen braun-grünen Landschaft hervor.

Andøya hat zwei sehr unterschiedliche Seiten, auf der Westseite gibt es nur eine winzige Straße, die die ganze Strecke bis Andenes hoch führt, dem nördlichsten Punkt der Vesterålen. Und meist geht es neben dieser Straße direkt steil die Berge hoch. Hier gibt es nur wenige Dörfer und man kann fast in jeder Bucht gut wild übernachten. Die Ostseite hingegen ist ziemlich flach und, wie wir finden, auch nicht so interessant. Daher war der Plan, auf der Westseite ganz hoch und direkt von Andenes die Sommerfähre nach Senja zu nehmen, welche aber erst wieder ab dem 18. Mai diesen Jahres fährt.

Dass das Wetter so hoch im Norden selbst im Mai noch sehr kalt und feucht sein kann, oft auch über Tage, das wurde uns hier klar. Und so haben wir uns bei einem 2tägigen Sturmtief ins Landesinnere zurückgezogen und dort dem Wind getrotzt. Natürlich mit dem Hintergedanken, dass es im Hinterland vielleicht auch eher möglich sei, Elche zu sehen.

Unser Stellplatz an einem unter Anglern sehr beliebten See gelegen, war geradezu perfekt. Bereits bei der Ankunft sahen wir, dass der Stellplatz nur so gesprenkelt war mit Hinterlassenschaften von Elchen und dass um unseren Kastenwagen herum, fast alle Büsche angeknabbert waren. Sollte es hier also endlich klappen? Am Abend haben wir noch einen Spaziergang gemacht und auch dabei etliche Spuren von Elchen entdeckt, selbst glänzten sie natürlich mit Abwesenheit. In der Nacht haben wir die Jalousien der Seitenfenster ein Stück offen gelassen, um jederzeit in der Nacht einen Blick heraus riskieren zu können. Gelesen hatten wir, dass es eher in der Dämmerung und dem Morgengrauen wahrscheinlicher sei, einem Elch zu begegnen. Was natürlich bei Mitternachtssonne viel Spielraum für Interpretationen lässt. Ich weiß nicht wie oft in dieser Nacht einer von uns beidem aufgestanden ist und am Fenster hing. Auf jeden Fall waren wir am nächsten Morgen so wütend über die nicht zu sehenden Elche, dass wir noch vor dem Duschen, Frühstück und Spülen beschlossen haben, das Vorhaben aufzugeben und wieder ans Meer zu fahren, um dort lieber nach Orcas Ausschau zu halten.
Kurz vor dem Meer allerdings stand sie dann, die Elchdame, direkt vor einigen Häusern eines Dorfes und hat sich lieber genüsslich am angebauten Gemüse gestärkt, statt sich mit frischen Trieben zufrieden zu geben – da hätten wir ja im Hinterland lange suchen können.

Die nächsten Tage haben wir dann an dem wohl bisher schönsten Strand verbracht, an dem man direkt mit dem Camper stehen kann – im Naturschutzgebiet von Bleik, gegenüber des markanten Vogelfelsens Bleiksøya. Auf Spendenbasis kann man der angrenzenden Gemeinde Geld für die Instandhaltung des Platzes und der Wanderwege hinterlassen, was wir auch großzügig getan haben, denn solche Plätze werden immer rarer, wenn die Camper sich nicht entsprechend verhalten. Wir sind hier insgesamt 4 Tage geblieben, haben aufs Meer gestarrt und die Seele baumeln lassen.

Gunnar ist zu einer wunderschönen Wanderung auf die umliegenden Bergspitzen aufgebrochen und hat unser Paradies noch von oben dokumentiert. Was für ein Ausblick!!!

Direkt am ersten Tag des Sommerfahrplanes der Fähre von Andenes nach Senja sind wir dann auch zur Fähre aufgebrochen. Überall haben wir gelesen, dass man früh dort sein soll, da diese nicht im Voraus buchbar ist und nur mit an Bord kommt für wen noch Platz ist. Was haben wir uns wieder für Gedanken gemacht, wieviel früher wir da sein müssen, um noch einen Platz zu ergattern – 15min vor Abfahrt waren wir vielleicht 8 Camper und eine Handvoll Autos. Wir – typisch deutsch – überpünktlich und an Position 2, vor uns natürlich auch ein Deutscher. Also wieder viel zu viel der Aufregung.

Und nun sind wir seit einer knappen Woche auf Senja und müssen sagen, das hier ist schon noch einmal anders als die Lofoten und Vesterålen. Auch wenn Senja seit einer Weile kein Geheimtipp mehr ist, die Ursprünglichkeit und die Einfachheit der Orte ist erhalten geblieben. Man hat als Tourist fast das Gefühl, ein Eindringling zu sein und sich unauffällig benehmen zu müssen um die vorhandene Idylle und Harmonie nicht zu stören. Die Häuser sind weniger herausgeputzt, die Orte wie wenn man eine Zeitreise gemacht hätte. Hier gibt es kaum Hotels und andere Unterkünfte. Senja ist perfekt mit dem Wohnmobil zu bereisen und dafür gibt es auch genügend Parkplätze und Buchten, um niemandem zur Last zu fallen. Bemerkenswert allerdings auch hier, die außergewöhnlichen öffentlichen Architekturpreis-Toiletten. Allesamt in sehr gutem Zustand. Es soll sogar eine berühmte Klo-Tour geben, um alle zu bewundern. Nunja, was es nicht alles gibt.

Senja wird übrigens als Norwegen in Klein beschrieben. Die Insel ist im Westen voller steiler und rauer Fjorde und im Osten gibt es sanfte Hügel, Landwirtschaft und ein gemäßigteres Klima. Ein absolutes Wanderparadies, auch wenn es für uns Normalos unter den Outdoorlern hier im Westen oft nur wenige leichte Wanderungen gibt. Jeden Tag stehen wir nun, seit wir hier sind, in einem neuen Fjord und bestaunen deren Einzigartigkeit – jeder anders, mal weißer Strand, mal Schären, mal Steilufer ... und wir können nicht genug kriegen.

Das Wetter hier oben 350km nördlich des Polarkreises ist vor allem wechselhaft. Wir haben tagsüber momentan zwischen +10 und +15 Grad, oft kommt abends oder nachts die Sonne zwischen den Wolken hervor und tagsüber regnet es gerade viel und es ist oft böig. Auch wenn ich mir ab und an wünsche, ein bisschen mehr Badewetter und Wärme zu haben – wie gerade zu Hause – wir bleiben mal noch ein bisschen hier, wer weiß wann wir mal wieder so weit in den Norden kommen.

(Kommentare: 2)

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Kommentare

Kommentar von Caroline Manger |

SUUUPER!!!!

Kommentar von Ralf |

Immer wieder tolle Fotos! Man sieht, Ihr fühlt Euch wohl! Wann wandert Ihr aus?
Weiter viel Spaß und liebe Grüße
Ralf und Uschi

Antwort von Iris und Gunnar

und wie wir uns wohlfühlen! Und auch das aktuelle Sturm-Regen-Tief in dem wir seit Tagen stecken, hält uns nicht davon ab! Aber auswandern, zu kalt und da warten noch 2 rüstige Rentner zuhause! Vielen Dank für euren Kommentar! wir drücken euch! Iris und Gunnar